Der Mythos der reinen Ratio im B2B
„Im B2B zählt nur der Preis, die Qualität und der ROI.“
So lautet eines der hartnäckigsten Mantras im Geschäftskundenbereich. Während Konsumentenkommunikation längst emotionalisiert ist, gilt der Businessmarkt immer noch als nüchterne Zone reiner Vernunft. Zahlen, Fakten, Kalkulationen – angeblich entscheiden sie alles.
Doch dieser Mythos hält einer näheren Betrachtung nicht stand.
Wer je erlebt hat, wie lange Entscheidungsprozesse dauern, wie stark persönliche Präferenzen in Ausschreibungen einfließen oder wie wichtig Vertrauen und Sympathie im Vertrieb sind, weiß: Auch im B2B handeln Menschen – nicht Maschinen.
Natürlich spielen Rationalität und Wirtschaftlichkeit eine Rolle. Aber sie erklären nur einen Teil der Entscheidung. Der andere Teil liegt tiefer – in den Motiven, die Menschen leiten, wenn sie Verantwortung tragen, Risiken abwägen oder Erfolg definieren.
Der Circle of Motivation® von SEGMNZ zeigt:
Selbst hochrationale Akteure handeln motivtypisch – und genau dort liegt der Schlüssel für erfolgreiche B2B-Kommunikation und Vertrieb.
Wie Motivation auch im Business wirkt
B2B-Entscheidungen erscheinen nach außen rational, sind aber in Wahrheit sozial eingebettet.
Hinter jedem „Unternehmen“ stehen Menschen mit individuellen Motivlagen: Einkäufer:innen, technische Leiter:innen, CFOs, Geschäftsführer:innen. Sie alle haben Ziele, aber auch emotionale Bedürfnisse – Sicherheit, Anerkennung, Zugehörigkeit, Selbstwirksamkeit.
Psychologische Studien zeigen:
- Über 80 % aller Entscheidungen werden emotional getroffen und nachträglich rational begründet.
- Auch in professionellen Kontexten steuern unbewusste Motive Wahrnehmung und Bewertung.
- Vertrauen, Sympathie und Werte spielen im B2B mindestens dieselbe Rolle wie Preis und Leistung.
Motivation wirkt also nicht anstelle von Rationalität, sondern durch sie.
Ein CFO, der rational argumentiert, will nicht nur Effizienz – er will auch Sicherheit.
Ein Ingenieur, der auf Qualität besteht, sucht nicht nur Perfektion – er sucht Kontrolle und Selbstbestätigung.
Ein Projektleiter, der Innovation fordert, sucht nicht nur Lösungen – er sucht Begeisterung und Sichtbarkeit.
Motivlagen sind die verborgenen Triebkräfte hinter scheinbar objektiven Kriterien. Wer sie versteht, kann B2B-Strategien formulieren, die auf allen Ebenen wirken: sachlich, emotional und motivbasiert.
Motivationstypen in Einkauf, Vertrieb und Entscheidungsgremien
Der Circle of Motivation® unterscheidet vier Grundtypen der Handlungsmotivation. Im B2B-Kontext lassen sie sich klar beobachten – sowohl auf Kundenseite als auch intern in Vertriebsteams.
Typ Z – der Zweckrationale Entscheider
- Leitmotiv: Effizienz, Kontrolle, Erfolg.
- Erkennbar an: KPI-Denken, Struktur, Planung, Risikovermeidung.
- Kommunikation: Zahlen, Fakten, Beweise.
- Typischer Satz: „Zeigen Sie mir den ROI.“
👉 Entscheidet, wenn Logik und Nutzen stimmen – aber auch, wenn Vertrauen in Kompetenz da ist.
Typ W – der Wertrationale Entscheider
- Leitmotiv: Verantwortung, Nachhaltigkeit, Sinn.
- Erkennbar an: Prinzipien, Integrität, sozialem Verantwortungsgefühl.
- Kommunikation: Transparenz, Haltung, Glaubwürdigkeit.
- Typischer Satz: „Was sagt das über uns als Unternehmen?“
👉 Entscheidet, wenn Lösung und Werte übereinstimmen.
Typ A – der Affektuelle Entscheider
- Leitmotiv: Begeisterung, Dynamik, Einfluss.
- Erkennbar an: Leidenschaft, Innovationsdrang, schnellem Handeln.
- Kommunikation: Energie, Vision, Storytelling.
- Typischer Satz: „Das fühlt sich richtig an – machen wir’s!“
👉 Entscheidet, wenn Idee inspiriert und Momentum erzeugt.
Typ T – der Traditionale Entscheider
- Leitmotiv: Sicherheit, Beständigkeit, Vertrauen.
- Erkennbar an: Loyalität, Stabilität, Gewohnheit.
- Kommunikation: Nähe, Beständigkeit, Beziehungspflege.
- Typischer Satz: „Das hat sich bewährt, wir bleiben dabei.“
👉 Entscheidet, wenn Verlässlichkeit wichtiger ist als Neuigkeit.
In realen Gremien treten diese Typen kombiniert auf. Ein technischer Leiter kann z. B. Z/T geprägt sein (analytisch, aber loyal), während ein CEO eher Z/A tendiert (zielorientiert, aber visionär). Erfolgreiche B2B-Kommunikation erkennt diese Mischformen und adressiert sie gezielt.
Welche Kommunikationslogiken überzeugen welche Typen?
Im B2B geht es selten um eine Einzelperson – meist entscheidet ein Buying Center aus mehreren Rollen. Jede dieser Rollen folgt einer eigenen Motivlogik. Wer diese versteht, kann seine Botschaften gezielt steuern.
Typ Z: die Logik der Effizienz
- Kommunikationsstil: strukturiert, rational, präzise.
- Botschaften: ROI, Prozessoptimierung, Risikoreduktion.
- Medien: Whitepaper, Case Studies, ROI-Kalkulatoren.
- Tonfall: sachlich, ruhig, faktenorientiert.
👉 Überzeugt durch Argumente und Zuverlässigkeit.
Typ W: die Logik der Verantwortung
- Kommunikationsstil: werteorientiert, nachvollziehbar, transparent.
- Botschaften: Nachhaltigkeit, Ethik, gesellschaftliche Wirkung.
- Medien: CSR-Berichte, Storytelling über Sinn und Wirkung.
- Tonfall: reflektiert, empathisch, integer.
👉 Überzeugt durch Haltung und Authentizität.
Typ A: die Logik der Begeisterung
- Kommunikationsstil: emotional, inspirierend, visuell.
- Botschaften: Innovation, Dynamik, Fortschritt.
- Medien: Video, Event, Keynote, Social Media.
- Tonfall: lebendig, energiegeladen, zukunftsgerichtet.
👉 Überzeugt durch Momentum und Begeisterung.
Typ T: die Logik der Beständigkeit
- Kommunikationsstil: ruhig, vertrauensvoll, verbindlich.
- Botschaften: Partnerschaft, Zuverlässigkeit, Tradition.
- Medien: persönliche Gespräche, Kundenmagazine, langfristige Formate.
- Tonfall: bodenständig, verbindlich, authentisch.
👉 Überzeugt durch Nähe und Beständigkeit.
Wer diese Logiken kombiniert, schafft Kommunikation, die auf allen Ebenen funktioniert – rational nachvollziehbar und emotional anschlussfähig.
Case: Vertriebsstrategie motivtypisch angepasst
Ein Beispiel aus der Praxis zeigt, wie stark motivtypische Anpassungen wirken können.
Ein Industriezulieferer stand vor stagnierendem Wachstum, obwohl Produkt und Preis wettbewerbsfähig waren. Die Vertriebsstrategie beruhte auf rationaler Argumentation – Effizienz, Performance, Kostenersparnis. Doch viele Abschlüsse scheiterten in der Endphase.
Analyse
Interviews mit Kund:innen und Vertriebsmitarbeitenden zeigten:
- Die Entscheider:innen auf Kundenseite waren heterogen.
- Die bisherigen Verkaufsargumente trafen nur den Typ Z – nicht aber W, A oder T.
- Das Vertriebsteam selbst war überwiegend T-orientiert (loyal, sicherheitsbewusst).
Anpassung der Strategie
- Kommunikation differenzieren:
- Für Z-Typen: Business Cases und Leistungsnachweise.
- Für W-Typen: Nachhaltigkeitsberichte und ethische Leitlinien.
- Für A-Typen: emotionale Präsentationen, Prototypen zum Anfassen.
- Für T-Typen: persönliche Betreuung, Kontinuitätsversprechen.
- Vertriebsteam schulen:
- Schulung in Motivdiagnostik.
- Gesprächsleitfäden nach Motivlage.
- Empathische Argumentationsmuster trainieren.
- Touchpoints anpassen:
- Website erhielt unterschiedliche Einstiegspunkte (Rationalität, Verantwortung, Emotion, Vertrauen).
- Newsletter wurden segmentiert.
- Messen und Kundenevents erhielten motivtypische Schwerpunkte.
Ergebnis
Nach sechs Monaten stiegen die Abschlussquoten deutlich.
Besonders auffällig: In Kontakten mit wertrationalen und affektuellen Entscheidungstypen verdoppelten sich die Erfolgsraten.
Die wichtigste Erkenntnis:
B2B wird erfolgreich, wenn Motivation und Kommunikation zusammenpassen.
B2B braucht Psychologie – nicht nur Preislisten
B2B ist keine Welt der kalten Logik, sondern ein Beziehungsraum rationaler Menschen mit emotionalen Motiven.
Preis, Leistung und ROI bleiben wichtig – aber sie sind nicht alles.
Entscheidend ist, welches Motiv ein Argument anspricht: Kontrolle, Sinn, Begeisterung oder Sicherheit.
Der Circle of Motivation® liefert ein präzises Raster, um diese Dimensionen zu erkennen und gezielt zu bespielen. Wer motivtypisch kommuniziert, verkauft nicht nur Produkte – er baut Vertrauen, Resonanz und Bindung auf.
B2B wird menschlicher, wenn wir die Psychologie ernst nehmen.
Denn hinter jedem Unternehmen steht ein Mensch – mit Motivation.

